Logbucheintragungen der Crew

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06.03.2005

Tach Zielgruppe,

anschnallen, festhalten, Opa Meia erinnert sich mal wieder an längst vergessene Zeiten. Wenn Du wissen willst wie lange, dann sei so viel gesagt, dass alle unter 30-jährigen gute Chancen haben zu der Zeit noch Kleinkinder, Säuglinge oder weniger gewesen zu sein. Hier wier gehen ägän...

Es war eine ruhige Kleinstadt, etwa von dem Ausmaß, welches benachbarte Landwirte zu der Bezeichnung "Metropole" trieb, wogegen ein Einwohner Kölns dieselbe Stadt jedoch als "Kuhdorf" tituliert hätte. Das nächste Ballungsgebiet lag fast achtzig Kilometer entfernt, Friedhofsstille sowie eine hereinbrechende Frühlingsnacht beherrschte die Straßen. Es war Karnevalsdienstag, die Feierlichkeiten hatten ihren Höhepunkt überschritten und die allgemeine Ausgelassenheit lief auf halber Kraft. Aus den Schänken drang gedämpfte Musik, vereinzelt gingen kostümierte Leute schweigend die stumme Einkaufsstrasse entlang. Plötzlich rannten ungefähr vierzig mit Sturmhauben vermummte Menschen über die Fahrbahn, kreuzten ihren Weg. Gespenstische Stille lag über der absurden Szenerie, kein rufen, schreien oder sprechen vernehmbar, nur das Geräusch vieler Schuhe auf Asphalt. So schnell wie sie gekommen waren, verschwanden sie auch wieder, erzeugten den Eindruck einer raschen Traumsequenz. Vielleicht war es nur ein Traum? Seltsam, aber selber erlebt…

Schon in meiner Jugend zeigte es sich, daß ich ein Mensch bin der gerne ausprobiert und neue Wege sucht. Punk passte da wie die Faust aufs Auge. Alles wurde in Frage gestellt. Wenn man gerne Alternativen testet ist es natürlich nicht verwunderlich auch etwas Unvorteilhaftes auszuprobieren, was zu nachteiligen Auswirkungen führt. So auch beim Thema Outfit. Eines Tages fragte ich mich warum zwei Schuhe immer identisch sein sollen, sah hier keinen Sinn drin, wollte das Gegenteil selber versuchen. Gedacht, getan. Ich wählte einen damals aktuellen Sportschuh sowie einen Cowboystiefel aus zurückliegenden Tagen, zog sie an und ging zur Bushaltestelle. Auf halber Strecke wurde mir klar warum Schuhe möglichst gleich sein müssen. Ich bewegte mich in seitlicher Schräglage, was zu humpelähnlichen Gang und verstärkter Unsicherheit führte. Sofort beschloß ich einen Bus später zu fahren, machte kehrt und eilte nach Hause. Dort tauschte ich den Stiefel gegen einen Sportschuh. Fazit: Nicht jede Alternative ist automatisch ein Bringer.

Die erste Band in der ich tätig war nannte sich "Achmed und die Arschkriecher". Ich fungierte als Sänger, eigentlich wollte ich Gitarrist werden aber Versuche diesbezüglich in einem Kaufhaus wirkten doch sehr ernüchternd. Bereits drei Wochen nach Gründung erfolgte der erste Auftritt, bei einem Festival und vor hunderten von Leuten. Wir hatten vorher dreimal geprobt, genau die Hälfte der Band war musikalisch unbelastet und konnte auf keinerlei Erfahrungen zurückblicken. Trotzdem bestand unser Set aus vier Songs, nebst einer Passage eines Sex Pistols-Songs (mehr konnten wir nicht). Der Einfachheit halber wurde alles doppelt gespielt. Die Punks im Publikum pogten und somit war die Zielgruppe erreicht. Jahre danach würde ich die Musik als Körperverletzung bezeichnen, keinem Menschen zumutbar. Eine Woche später stand in der Spex: "zum Abschluß boten Achmed und die Arschkriecher eine Sex Pistols-Coverversion, bei der sich Sid Vicious im Grab umgedreht hat…". Ich fand die Kritik toll, obwohl sie wohl weniger positiv gemeint war. Aber wenigstens wurde der Bandname erwähnt...

The Meia

 

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