Logbucheintragungen der Crew Onlinezine ... Voice Of Subkulture |
20.01.2005
Verehrte Durchblicker,
heute ein kleiner Ausflug in den Bereich halbwahrer und pseudowissenschaftlicher
Begriffsverwirrungen. Das Wort Hysterie verspricht an sich nicht viel Gutes…
Nun können es sich die Streber unter Euch einfach machen und
eben mal lässig in irgend ner ledergebundenen Enzyklopädie oder schlicht dem
Duden nachschlagen und schon habt Ihr einen Wissensvorsprung nach dem an dieser
Stelle überhaupt nicht gestrebt werden soll. Wenn man das Wort Hysterie hört
ist es wohl im Allgemeinen eher negativ belegt. Nicht umsonst schreibt man einem
Partner der sich ständig über die eigenen kleinen Schwächen aufregt, die man
selber natürlich nicht so dramatisch sieht, gerne mal das Attribut hysterisch
zu sein zu.
Ich denke auch die Enzyklopädie-Streber werden mir annähernd recht geben, wenn
ich mich dem Begriff mit den Umschreibungen "Schockzustand, übertriebene Reaktion
auf belanglose Situation, massiver Gefühlsausbruch aufgrund eines bestimmten
Auslösers, übertriebene Ängstlichkeit" zu nähern versuche. Wie bereits angedeutet
sind im zwischenmenschlichen Bereich hysterische Anfälle eher kontraproduktiv
und führen, zu häufig eingesetzt, unweigerlich zur dauerhaften Missstimmung.
In der Beziehung eines Volkes zum Oberbegriff Staat (der wahlweise durch die
Regierung, das geltende Recht, das Wahlsystem, das Parlament, die Opposition,
die herrschende Meinung und ähnliches konkretisiert werden kann) ist eine fruchtbare
hysterische Grundstimmung allerdings sehr wichtig und wirkt ganz ungemein stabilisierend.
Was auf den ersten Blick blödsinnig klingt wird sehr schnell klar, wenn man
sich einige Sachen kurz in die Erinnerung zurückruft:
Bereits im Mittelalter sicherten die Herrschenden ihre Macht mit bewusster Manipulation
und Hysterisierung des Volkes, indem sie Hexen (die Inkarnation des Bösen, auf
das man nur geschockt / hysterisch reagieren konnte, zumindest wenn man nicht
verdächtig sein wollte, selber Lust auf den Scheiterhaufen zu haben) erfanden
und verbrannten. Gleichzeitig, quasi en passant, als weiterer enormer Verdienst,
wurde wohl das Denunziantentum erfunden.
Zur Perfektion konnte die Massenhysterisierung allerdings erst mit Hilfe des
Transportmittels moderner Medien (die in Sonderfällen natürlich selber auch
einen absatzsteigernden Reiz darin sehen, das soll aber vernachlässigt werden)
gelangen.
Besonders hilfreich sind immer Naturkatastrophen. Je größer desto besser. Gut
auch wenn sich die Natur in bestimmten Zeiten einfallen lässt verrückt zu spielen.
Das Elbhochwasser sicherte so dem deutschen Kanzler die Mehrheit, während das
Oderhochwasser ein paar Jahre vorher, heute kaum noch einem erinnerlich ist.
Pech gehabt an der Oder, Glück gehabt an der Elbe, Deutschland zusammengerückt.
Mit derselben Logik steigen im Rahmen des derzeitig die Welt zusammen rücken
lassenden Seebebens die Sympathiewerte geschickter Krisenmanager (so auch der
deutschen Regierung) ganz automatisch. Während ebenso verheerende Katastrophen
z.B. in Japan und Armenien aus den letzten 10 Jahren wohl nicht recht verwertbar
waren. So einen Solidaritätszwang wie jetzt hat es dort jedenfalls nicht gegeben.
In der Regel helfen Krisen der Regierung. Beste Beispiele: Kriege, z.B. Irak-Krieg,
kann aber auch in die Hose gehen: Vietnam-Krieg. Terroranschläge, z.B. WTC:
auf Jahre hinaus Sicherung milliardenschwerer Rüstungsaufträge (ohne eine konkrete
militärische (!!) Bedrohung) und damit Sicherstellung der Unterstützung der
Rüstungslobby, Vorwand neue Kriege zu führen (siehe oben). Quasi der Terrorakt
als Glücksfall.
Zu Verschwörungstheorien einer bewussten Opferung von ein paar tausend Menschenleben
für höhere Ziele neige ich nicht, wem aber das Wort "Luftsicherheitsgesetz"
was sagt, der weiß, dass solche Denkweisen zumindest im Ansatz auch schon im
ach so braven und pazifistischen Deutschland durchaus in mächtigen Hirnen umhergeistern.
Ebenso hat der Terroranschlag von Madrid gezeigt, dass sich eine folgende Massenhysterie
auch schnell mal gegen die Regierung richten kann und die bis wenige Tage vor
der Wahl ahnungslos und hoffnungslos dahindümpelnde Opposition an die Macht
spült.
So könnte ich noch ewig weiterschwadronieren, aber der begrenzte
Platz zwingt mich zu einem jähen Ende.
Fazit: immer schön geschmeidig bleiben.
Sagt ausgerechnet Euer Savage Alex.