Logbucheintragungen der Crew

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28.09.2004

Tach Mädels,

mal wieder ein wenig Politik, nachdem das beim letzten Mal so unwidersprochen blieb…

Mit großem Interesse habe ich das Pamphlet "Jammertal Ost" im Spiegel der letzten Woche gelesen. Viele Statistiken wurden, neben polemischem, in dem übrigens jeder, nicht nur Ossis, sein Fett weg kriegte, zitiert, mal mit mehr, mal mit weniger Sinn. Natürlich ist es wahr, dass die Arbeitslosenstatistiken im Osten in weit weniger jammervollem Licht erscheinen, vergleicht man diese mit den Erwerbsquoten Westdeutschlands, einfacher gesagt, im Osten sind, geschichtlich bedingt, mehr Leute arbeiten gegangen als im Westen, deswegen melden sich auch mehr Leute arbeitslos. Mir als altem Ostdeutschen bleibt indes natürlich (!!) einiges zu nörgeln. Wer den Artikel gelesen hat weiß ja, dass wir Ossis notorische Nörgler sind…
Der wahre Grund für Politikverdrossenheit, radikale Wahlentscheidungen und eine gewisse Subventionsmentalität bei den über 30-jährigen (puh, noch mal ganz knapp Schwein gehabt) in Ostdeutschland wurde nur ganz kurz am Rande erwähnt. Tiefer gehend als fehlende Perspektiven und Arbeitsplätze, als alte SED-Kader und neue und alte Rechtsradikale, als die Nichtberücksichtigung bei "Deutschland sucht den Superstar" und die widerlichen Gesichtszüge unserer Quoten-Ossi-Frau "Angie" Merkel schmerzt die Menschen in Ostdeutschland etwas anderes: enttäuschtes Vertrauen.
Weiß der Geier warum, aber wir Menschen, in besonderer Weise vielleicht sogar wir Ostdeutsche, haben den Drang anderen Menschen zu vertrauen. Es ist schon erstaunlich wie schnell wir, z.B. beim Kauf eines Gebrauchtwagens oder einer Stereo-Anlage, oft bereit sind wild-fremden Menschen zu vertrauen. Dem gegenüber mutet es fast komisch an, wie lange wir für dieselbe Gemütshaltung gegenüber uns freundlich gesonnenen Menschen brauchen. Was die größten Narben auf unserer Seele hinterlässt ist missbrauchtes Vertrauen. Missbraucht aus Berechnung oder, noch viel viel schlimmer, aus Feigheit.
Für die, die nicht dabei waren oder sich nicht mehr so genau erinnern können: 1989 hatte die Regierung Kohl in Westdeutschland abgefrühstückt. Ohne ins Detail zu gehen gilt die Aussage: die Deutsche Einheit war der Retter für Diktator Kohl und seine Schwarzgeld-Bande. Immerhin bescherte sie noch zwei Wiederwahlen…
Die Ostdeutschen (können, so glauben zumindest sie, nix für ihre Blödheit, schließlich war die Blödheit staats-verordnet) glaubten an vieles, aber den entscheidenden Satz, den immerhin Horst Köhler (dat is der Bundespräsi, Dülpes) nun ausgesprochen hat, den suchte man in der damaligen Einheits-Euphorie (zumindest bei der CDU) vergebens: Die Ostdeutschen werden auf gar keinen Fall (und warum auch: volkswirtschaftlicher Unsinn der allerersten Güte) den Lebensstandard von Westdeutschland vor Ablauf des 21. Jahrhunderts erreichen.
Das aus Feigheit enttäuschte Vertrauen, das gilt im Öffentlichen wie im Privaten, zerstört, wie nichts anderes, unsere Fähigkeit überhaupt (wieder) Vertrauen zu fassen. Ob es ein Staat oder eine Person ist, die Dich belügt, die Einstellung dazu ist dieselbe: Ablehnung.

I hate you, fuckin' Liar(s). Savage Alex.

 

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