Logbucheintragungen der Crew Onlinezine ... Voice Of Subkulture |
27.08.2004
Tach Ihr Leichtmatrosen,
den mir großzügig von Käpt'n Psychodad gewährten Urlaub von sage
und schreibe einer Woche habe ich vor kurzem damit verbracht ein wenig in Kultur
zu machen. Prag war das Ziel unserer untypischer Weise auf dem Landweg unternommenen
Reise. Mit von der Partie waren meine Freundin Britta und der alte desertierte
Käpt'n der Onlinezine Joe Travolta. Da wir uns am Sonntag morgen auf den Weg
machten, war der längste Straßenstrich der Welt (die E55 von Dresden nach Prag
auf tschechischer Seite) nur spärlich durch Bordsteinschwalben gesäumt und wir
konnten nur ahnen, wie es hier nachmittags an einem Wochentag auf der Rückreise
abgehen sollte.
Prag in wenigen Zeilen zu beschreiben ist die berühmte Quadratur des Kreises,
denn diese Stadt ist mehr oder weniger unbeschreiblich. Kultur und mittelalterliche,
weitgehend original erhaltene Bauten wohin das Auge, zumindest in der Innenstadt,
blickt. Wir haben mehr oder weniger das komplette Touri-Pflichtprogramm abgeklappert,
den Radschin, die Karlsbrücke, den Wenzelsplatz, der sich als ätzende Einkaufsstraße
herausstellen sollte, und diverse Schlösschen, Plätze und Museen, deren Namen
mir aufgrund der Fülle schon wieder entfallen sind. Das berühmte Goldmacher-Gässchen,
hier lebten im Mittelalter die Alchimisten und etwas später auch Franz Kafka,
konnten wir leider nicht besichtigen, da diese Straße Eintritt kostet und uns
eine Schlange von mindestens einer halben Stunde nach mehreren Stunden Sightseeing
doch abschreckte.
Touristen-Nepp und Abzocke begegnet einem zwar auch auf Schritt und Tritt, aber
wenn man sich an ein paar Grundregeln hält, die eigentlich in jeder Metropole
der Welt gelten, hat man nicht viel zu befürchten, außer der Tatsache, dass
in Prag für deutsche Touristen noch nicht einmal gedruckte Speisekarten-Preise
als verbindlich angesehen werden sollten. Aber das ist nicht wirklich schlimm,
da selbst mit Preisaufschlag ein komplettes Essen selten mehr als 6-7 Euro kostet
und ein halber Liter Bier dazu schon für rund einen Euro die Kehle erfreut.
Wer Prag noch nicht gesehen hat und sich gerne für einen Bildungsbürger halten
möchte, der sollte diese Lücke in seiner persönlichen Landkarte auf jeden Fall
schließen.
Zurück in Köln erwartete mich eine lustige Überraschung. Die bereits im Savage
Tunes Fanzine von mir genüsslich belächelte "Bürgerbewegung pro Köln" hat mir
unverlangt Wahlwerbung zum ignorieren zur Verfügung gestellt. Bei mir ist schon
deshalb nicht viel zu holen, weil ich meine Wahlbenachrichtigung zu den Kommunalwahlen
am 26.09. ungelesen in den Papierkorb wandern ließ. Wer jedoch seiner Staatsbürgerpflicht
(bzw. Stadtbürgerpflicht) nachzukommen gedenkt, dem stellt sich Pro Köln als
"Die Alternative zu rotem Filz und schwarzem Klüngel" in einem mehr als dilettantisch
hergestellten Faltblatt vor. Die "Mannschaft" von Pro Köln setzt sich aus einer
Referendarin, einem Verleger, einem Schriftsetzer, einer Hausfrau und einer
Bankangestellten und den dazugehörigen Nothing-Faces zusammen, kurzum genau
der Sorte Leute, denen man ernsthafte, konstruktive und vorwärtsgerichtete Lokalpolitik
bestenfalls am Stammtisch zutraut. Die nett verbrämten Kernziele von Pro Köln
heißen zusammengefasst und für unsere keineswegs dem Bildungsniveau der dortigen
Verantwortlichen entsprechenden Leser auf Normaldeutsch übersetzt: Ausländer
raus, hartes Vorgehen gegen jeden der unserem engstirnigen Lebensentwurf nicht
entspricht und mindestens die Todesstrafe für Graffiti-Sprayer und vor allem
mal den Christopher Street Day abschaffen. Und wie gesagt, das sind noch die
netter formulierten Sachen, mit denen man sich versucht bei unserer ach so toleranten
und weltoffenen Kölner Bevölkerung einzuschleimen.
Die härtere Gangart wird auf Wahlwerbeplakaten gewählt. Mein Favorit unter den
unsäglichen Entgleisungen: "Wer klaut fliegt raus - Klaukids abschieben
!" Ich habe aber direkt einen Verbesserungsvorschlag: Wer klaut muss arbeiten
- 1-Euro-Jobs für Klaukids ! Damit wäre auch gleich die lästige humanitäre Frage
gelöst, ob man und wohin man zum Teufel eigentlich Minderjährige abschieben
soll bzw. darf. Aber nicht das ich hier noch die SPD auf falsche Ideen bringe.
Die Todesstrafe für Einfamilien-Reihenhaus-Eigentümer fordernd. Savage Alex.