Motown Oldie Nights
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The Surpremes kann man unter seichtem Weißbrotsoul abtun, über The Temptations kann man streiten. Allerdings hat sich jemand wie Edwin Starr in die Herzen der Northern Soul Fans gespielt. Wenn man dann ein Konzert dieser drei besucht, kommt es zum Krieg der Kulturen. Peanut Vendor berichtet.
The
Temptations
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Die
Stadthalle von Unna fasst vielleicht 2.500 Personen und war restlos ausverkauft,
mit etwas Glück konnte man jedoch vor der Tür noch vereinzelte Karten
ergattern. Zwischen aufgedonnerten und intensiv riechenden Wurstfachverkäuferinnen,
AOK-Sachbearbeiterinnen und Gymnasiallehrern sah man auch Scooterists, Skins
und Soulies im Publikum, die Halle war zu klein, daher war es anfänglich
unangenehm eng. Die Veranstaltung begann kurz nach zwanzig Uhr. Nachdem ein
graumelierter Kasper seinen albernen Text von der Karteikarte gestottert hatte,
betraten unter großem Lichtbrimborium die "Supremes" die Bühne,
begeistert empfangen. Die drei Damen, die derzeit den Namen Supremes führen,
stellten in etwa einer Dreiviertelstunde ihre stimmlichen Qualitäten unter
Beweis, was nicht immer ganz einfach war, da die Band im Vergleich zu den Stimmen
zu laut abgemischt war, die Bläser allerdings klangen so hoch und blechern,
dass man beim bloßen hinhören hätte meinen können, hier
spielte nur ein Keyboard in schlimmster 80er-Jahre-Manier. Außerdem hatte
der Schlagzeuger gelegentlich Schwierigkeiten mit dem Tempo. Insgesamt aber
eine hübscher Auftritt, "My World Is Empty Without You" hatte
Klasse und Anflüge eines guten dramatischen "Northern" Arrangements.
Nach ca. 20 min Umbaupause kamen die Temptations. Auch hier war die band wieder
zu druckvoll, der Sound war zwar klar, aber irgendwie zu glatt, zu steril, der
Bass blubberte nicht so schön wie von den alten Singles, aber wenn man
sich ganz an die Seite stellte, außerhalb des unmittelbaren Schallkegels
der Boxen, klang es richtig authentisch gut ;-)
Edwin
Starr
Bild © voice-of-a-generation.com |
Die
Stimmgewalt der fünf älteren Herren war absolut mitreißend,
v.a. die Leadvocals von Bass Dennis Edwards, dem einzigen noch lebenden Mitglied
der Originalbesetzung. Im Repertoire v.a. 70er Sachen, aber (wieso eigentlich
"aber"?, eigene Anm.) brillant dargeboten, einige nette ziemlich synchrone
Tanzeinlagen. Die Band hatte ihre Sternstunde beim Intro zu Papa was Rolling
Stone. Von den sechziger Sachen kamen Get Ready und Ain't Too Proud To Beg,
sehr schön. Einige Balladen, ein gedenken an die früheren Mitglieder
der Band. Die angenehme Überraschung war dann ein Song, der sich auf der
LP immer ein bisschen verhört, "My Baby", schön arrangiert
mit einem zusätzlichen Bläsermotiv. Abgang, großer Jubel, Zugaben,
großer Jubel, Vorhang, Pause... endlich Gelegenheit, einen Platz vor der
Bühne zu ergattern.
Da versammelten
sich dann nach und nach die jüngeren im Publikum, die Leute, die mit dem
Ausspruch "Keep The Faith!" etwas anzufangen wussten. Edwin Starr
kam mit eigener band, seine Musiker in weißen Anzügen, über
deren optische Wirkung wir an dieser Stelle besser den höflichen Mantel
des Schweigens breiten sollten. Nicht so eine Urgewalt in der Stimme wie Dennis
Edwards, aber dafür authentischer, nicht so ein Showprodukt. Es ging los
mit 25 Miles und zum ersten mal an dem Abend sah man echte Anteilnahme von Soul-besessenen
im Publikum, gleich danach "War", die ersten fünf-sechs Songs
waren einfach der Hammer, v.a "I Have Faith In You" - groß!
Dann kam ein gewisser Knick, olle Ede brachte ein paar Mainstream- Kamellen
wie Sittin' On A Dock Of The Bay, zur Freude der letzten verbliebenen alt-68er,
denn die Reihen der gesitteten Konzertbesucher hatten sich bis dahin doch arg
gelichtet, was bedeutete, dass jetzt jeder vor der Bühne auch mal einen
halben schritt nach rechts und links tun konnte, somit also die Andeutung von
tanzen möglich war, sehr befreiend!
Dann wurde noch mal ordentlich der Disco-Dampfhammer ausgepackt - eye-to-eye
CONTACT, verstohlene Tränen tröpfelten aus manch' wettergegerbten
Scooter-Haudegens Äuglein...
Als Zugabe dann Agent Double 0-Soul, und die Welt war wieder völlig im
Lot. Es gab eine - wie ich hörte - sehr gute Aftershow Party im Sissykingkong
in Dortmund, zu der wir auch gerne gefahren wären, aber wir waren sieben
Personen und in Unna gibt es keine Großraumtaxis...
An der Stelle noch einen kultigen Dialog zwischen Pensionswirt ("p")
und Gästen ("g"):
p: Wann wollen sie denn nun morgen frühstücken?
g: Am besten so spät wie möglich...
p: Das geht auf keinen Fall!
Noch Fragen?
Grüße an die Freunde aus Dresden und die süße Frau mit den wunderbar strahlenden Augen... (Anm. d. Red.: wir sind zwar kein Eheanbahnungsinstitut, aber gegen kleinere Geldgeschenke gibt's die Telefonnummer unseres Informanten!)
peanut
vendor (Leipzig)