Summer Safari Episode 6 -
Die Macher des Lieblingsfestivals der Onlinezine-Redaktion im Interview

 

In diesem Jahr findet die Summer Safari vom 01.-03.09. zum inzwischen 6. Mal, dieses Mal auf dem Gelände der Burg Rosslau (Sachsen-Anhalt, Nähe Dessau), statt. Damit hat sie sich wohl endgültig für die Freunde subkultureller Konzert- und Tanzveranstaltungen unter den ganz großen Events in Deutschland und Europa etabliert. Onlinezine fragt bei den Machern nach, was es bedeutet Jahr für Jahr ein Festival dieser Größe auf die Beine zu stellen.

OZ: Es soll ja tatsächlich noch Leute geben, denen die Summer Safari nichts sagt, bzw. die sie zwar vom Namen her kennen, aber noch nie da waren. Sagt diesen Ignoranten doch einmal was sie am 1. Septemberwochenende erwartet und warum es sich lohnt zu kommen.

Joe Travolta: Die Summer Safari ist der größte deutsche Treffpunkt für 60s Subkultur. Dazu zählen wir neben Soul, Surf, Ska, Beat und Garage auch Rock-a-billy und R'n'B der späten 50s, was sehr stilprägend für das schickste aller Jahrzehnte war. Um dem Querschnitt gerecht zu werden, haben wir zum 6. mal knapp 20 Bands und ebenso viele DJs eingeladen, die authentische 60s und 50s Mucke spielen, ohne diese Party zur Oldieveranstaltung verkommen zu lassen. Das zieht regelmäßig knapp 1.000 Leute zu uns. Das dann auch gefeiert wird, versteht sich…

OZ: Die Location ist eine neue in diesem Jahr. Warum seid Ihr nach 3 Jahren im Werk II in Leipzig nun zur Burg Rosslau gewechselt ?

Joe Travolta: Das Werk II in Leipzig hat uns drei Jahre sehr unterstützt, ohne überzogene finanzielle Erwartungen zu hegen. Nach einem Wechsel in der Geschäftsführung ist diese Unterstützung leider weggebrochen und wir bekamen einen Stellenwert wie jede kommerzielle Erstsemesterdisko mit minderwertiger Beschallung. Dem können und wollen wir mit unserem Konzept nicht gerecht werden, zudem wir die Eintrittspreise drastisch hätten erhöhen müssen. Das war für uns indiskutabel. Deswegen der Abschied vom Werk II und der Weg in die Wasserburg Roßlau. In Roßlau bekommt man zum einen noch Unterstützung für ein nichtkommerzielles Musikprojekt, zum anderen dürfen wir auch erstmals die gesamte Burgfläche dort nutzen. Wer das "This Is Ska" Festival kennt, weiß um die beeindruckende Erscheinung der Burg. Während zum Skafestival nur die Open Air Bühne genutzt wird, trumpft die Summer Safari mit Burghof, Stallungen, Kaminzimmer und diversen Gewölben auf. Die klassischen Partys der Safari finden sich alle in den alten Gemäuern wieder.

OZ: Im Zeitgeistmagazin NEON gibt es eine Rubrik, in der halbwissenschaftlich erläutert wird, wie man verschiedene mehr oder wenige sinnvolle Dinge, wie z.B. Erdöl, ein Tandem, eine Atomuhr oder ähnliches herstellt. Wie sieht die Bastelanleitung für "Germany's biggest 60s Weekender" aus ?

Joe Travolta: Zu jedem coolen Stil der 60s treibe man 2-3 Bands auf und reichere sie mit ein paar guten Rock-a-billy Bands an. Allen erklärt man, dass es leider nichts zu verdienen gibt. Dann suche man 20 erprobte DJs, die auch nach mehreren Stunden Festival noch rocken und vor lauter Spaß keine Gage haben wollen. Eine Location gilt es nun zu finden: irgendwo im Osten (Schopau, Leipzig, Roßlau) mit einem Flair, der diese Musik glaubwürdig macht. An die 100 Freiwillige sollte man nun zur Verfügung haben, denen nichts mehr Freude macht, als irgendein olles Gemäuer begehbar zu machen, bzw. einen Konzertort ansprechend auszuschmücken und die gesamte Promotion, Grafik, Technik, das Catering und Teile der Sicherheit garantieren. Habe ich schon erwähnt, dass es dafür kein Geld gibt? Außerdem braucht man Teams, wie den Dessauer Beatclub und den Jukebox e.V. aus Leipzig, die für die Miesen zum Schluss eintreten. Den Eintritt hat man nämlich inzwischen für Technikmieten, Gagen der Headliner und Druckereien ausgegeben. Also braucht man eine funktionierende Szene, enthusiastische Helfer und eine Portion Mut. Man sollte diese Musik wirklich lieben.

OZ: Wir befinden uns in der heißen Phase vor dem Event. Wie viel Eurer Zeit nimmt die Vorbereitung des Festivals generell und speziell jetzt in Eurem Leben in Anspruch ? Welchen Anteil macht inzwischen die Routine aus, die Ihr über die Jahre bekommen habt ?

Joe Travolta: Die Hauptarbeit liegt beim Beatclub Dessau und dem Jukebox e.V, jetzt auch in dieser Mischung bekannt unter Safari Concerts. Diese Truppe widmet sich fast nur noch Konzertveranstaltungen und hat dementsprechend wenig andere Hobbies, außer Angeln. Ich für meinen Teil kann leider nicht mehr so viel einbringen, wie ich das gern möchte: der Arbeitgeber lässt diesen Platz nicht mehr. Im Moment brennt es natürlich: die Promo- und Bookingphase sind abgeschlossen und es geht jetzt an die kleinen, zeitraubenden Details. Tatsächlich gibt es eine Routine, die es jedem erlaubt, sich in seinem Bereich auszutoben. Zudem kennen wir uns inzwischen so gut, dass wir blind auf die Arbeit der anderen vertrauen und nicht enttäuscht werden.

OZ: Ihr seit, trotz diverser Location- und Terminänderungen Eurem Grundkonzept auch im 6. Jahr treu geblieben. Hattet Ihr eigentlich nie Zweifel daran ?

Joe Travolta: Warum sollten wir?

OZ: Wie geht Ihr bei der Auswahl der Musiker bzw. Bands und der DJs vor ? Habt Ihr so etwas wie Dauergäste bei der Summer Safari ?

Joe Travolta: Nächstes Jahr spielt die 100. Band auf der Summer Safari. Dabei habe ich Bands, die uns zweimal besucht haben, nicht mitgezählt. Das bedeutet, wir haben unsere Zuneigungen gleichmäßig verteilt, allerdings die deutsche 60s Szene nun doch langsam abgedeckt. Also konzentrieren wir uns jedes Jahr wieder darauf, neue Bands zu entdecken, internationale Bands anzuziehen und die mit etablierten deutschen Acts anzureichern. Natürlich gibt es bei Bands und DJs einige, die wiederkehren, allerdings nie ohne guten Grund. Das sind meistens Musiker, die unsere musikalischen Lieblinge sind und gleichzeitig Enthusiasten, die auch über Ihre Musik hinaus zur Summer Safari beitragen. Wenn ich hier Beispiele nenne, tue ich anderen Unrecht, aber ohne die Montesas, Achtung Spitfire Schnell Schnell, Surfpatrouille, die Leopold Krauss Wellenkappelle, Leo Ernst, das Copasetic DJ Team, Peter Brandenburg und King Kranz wären wir nicht dieses Festival. Oder Musiker wie Pille, der noch kein Festival verpasst hat, auch wenn er mit unterschiedlichen Bands angetreten ist.

OZ: Welcher so genannte Star hat Euch eigentlich bisher am meisten mit Allüren genervt ? Oder gibt es die bei subkulturellen Musikern und DJs gar nicht ?

Joe Travolta: Die großen Stars sind es interessanterweise nicht, die nerven. Es sind ihre Handlanger oder kleinere Bands, die ihre Bedeutung leicht überschätzen. Da wäre der "Manager" von Desmond Dekker, der der Meinung ist, wir könnten den Hauptgenerator der Open Air Bühne eben verschieben, sein Schützling könnte "muddy shoes" im Gras bekommen. Oder die Sängerin einer Band, die angesichts eines Klubs mit 500er Kapazität leicht verspätet feststellt, Platzangst zu haben. Und die Band, die es nicht nötig hat, pünktlich anzufangen, geschweige denn, die Bühne nach gnadenloser Überziehung zu verlassen. Kein Problem, hätte nicht ein Bandmitglied unseren Mixer anschließend für die Ausblende geschlagen. Es sind die kleinen Lichter, die dann am lautesten leuchten wollen. Als Laurel Aitken 2001 im Backstage den Zucker im Pfefferminztee vermisste, war mir der 1.000 Meter Lauf in die Küche dagegen eine wahre Freude. Zudem der Godfather anschließend für diesen Einsatz ein Konzert zu meiner Hochzeit anbot, dass nun leider nicht mehr stattfindet. Ich für meinen Teil bin somit hinreichend entschädigt.

OZ: Habt Ihr früher Fehler gemacht die Ihr heute nicht mehr machen würdet oder bringt da jedes Jahr und jedes Event neue Erfahrungen ? Kann man eigentlich das perfekt "funktionierende" Festival auf die Beine stellen ?

Joe Travolta: Man kann sich eine Routine erarbeiten, die Fehler in der Organisation vermeidet. So wird man auch professioneller. Aber auch nicht charmanter. Ich bin froh, dass wir gezwungen waren, uns dieses Jahr ein bisschen neu zu erfinden.

OZ: Genau wie nach der WM vor der EM ist, ist auch nach der Summer Safari vor der Summer Safari. Steht eigentlich jetzt schon fest, dass es ein 7. Abenteuer geben wird oder entscheidet Ihr das von Jahr zu Jahr ?

Joe Travolta: Ich habe Pläne für nächstes Jahr und ich hoffe, die anderen auch. Allerdings entscheiden wir uns dann noch jedes Jahr neu, bisher immer positiv. Ich persönlich sehe kein Problem, solange es genug Enthusiasten in Deutschland gibt!

OZ: Vielen Dank für diesen interessanten Einblick. Wir drücken Euch die Daumen, dass die 6. Safari ein voller Erfolg wird und hoffen natürlich auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr. Für unseren Teil verspüren wir jedenfalls genug Enthusiasmus !

Für das Onlinezine fragte nach: Savage Alex