Das Reggae Lexikon: zum Posen und Staunen

 

Der Skinhead als solcher ist ja erstes immer ein Nazi (wie uns Hr. Tritt-ihn neulich ja wieder erklärte) und zweitens immer dumm, das heisst, er kann auch nicht lesen. Das ist eine unumstössliche Wahrheit, die wir alle tagtäglich in den etablierten Medien gelehrt bekommen. Darum ist diese Buchempfehlung hier eigentlich völlig sinnlos. Für diejenigen unter Euch, die unter ihre Glatze aber doch heimlich etwas Hirn versteckt haben und die im Geheimen auf dem Klo Bücher lesen, obwohl sie Skinheads sind, und keine Faschoglatzen (Geht so was denn? 8-) ) scannt das Onlinezine die Welt der Bücher und stellt Euch hier wiedermal eines der herausgefischten Highlights vor.

Der Büchermarkt ist voll mit Ratgebern und Nachschlagewerken, die keiner braucht, wie z.B. "Gärtnern in Sibirien", "Die schönsten Regale für den Hausflur" und "Das Mülltütenlexikon". Irgendwo dazwischen steht im Buchladen dann auch das "Reggae-Lexikon" und man erwartet also erst mal zweitausend weitere tolle Bilder von Bob Marley neben einer Discographie von UB40 und wenn es dann ganz toll ist noch den Hinweis darauf, das Madness ja auch irgendwie, wegen Ska und so, mit Reggae was zu tun hat. Doch weit gefehlt! Rainer Bratfisch (ja, Scheissname, aber der heisst nun mal so), seines Zeichens anerkannter Musikjournalist aus der DDR schreibt seit 30 Jahren über populäre Musik, war mir persönlich bisher nur von den herrlichen Kommentaren auf den Rückseiten von AMIGA-Platten bekannt und legt hier ein Werk vor, dass in das Buchregal eines jeden Rudeboys gehört (und wenn es auch das einzigste ist! 8-) ).

Wusstest Du, dass Lee Perry in Hanover geboren wurde? Hanover, Jamaica. Dass unser dicker Dr. Ring-Ding sich nach dem ´66er Hit "Dr. Ring-A-Ding" von ´Roland Al and the Soulbrothers´ benannt hat? Das nach repräsentativen Umfragen lediglich 25% der Skinheads in Deutschland mit rechtsextremen Parteien sympatisieren (was natürlich immer noch 25 % zuviel sind)?

Natürlich ist auch viel, viel Reggae in dem Buch. Insgesamt war es Bratfischs Ziel, mit diesem Buch die ganze Bandbreite jamaikanischer Musik von Soundsystems und jamaikanischem R&B der späten 50er bis hin zum Dancehall der 90er darzustellen und auch zu zeigen, was dann in der ganzen Welt daraus geworden ist. So gibt es natürlich auch den obligatorischen Crash-Kurs Patois und Informationen satt, mit denen Du auch die Kiefer der eingefleischtesten Dreadlockzottel tieferlegst. Wenn Du Dir das Zeug denn merkst. Am Anfang des Werkes gibt es eine kurze, aber sehr gute Einführung in die Geschichte der jamaikanischen Musik und dann gibt's über 300 Seiten randvoll mit Fakten, Fakten, Fakten, fein säuberlich nach Alphabet geordnet.

Positiv sticht das starke Augenmerk auf die deutsche Ska-Szene ins Auge. So sind Bluekilla und Mother´s Pride genauso vermerkt wie etwa Blechreiz und Messa Banzani. Das "Reggae-Lexikon" ist nicht perfekt. So fehlen zum Beispiel Bands wie T-Bone aus Thailand oder die Ginseng Bonbons aus Berlin- aber diese Beispiele zeigen wohl auch, wie umfassend das Buch ansonsten ist. Bleibt zu hoffen, dass der Lexikon Imprint-Verlag mit diesem Buch den Grundstein für weitere gut recherchierte Lexika gelegt hat.


Der Pate

REGGAE-LEXIKON, RAINER BRATFISCH, LEXIKON IMPRINT VERLAG, ISBN 3-89602-207-5

Anmerkung: Nicht ganz unserer Meinung zu diesem Lexikon sind einige andere Leute. Nicht ganz? Nun, ja: eigentlich stimmen sie überhaupt nicht mit uns überein. Deswegen lest vielleicht noch die weiterführenden Kommentare von Doc Schickinger auf Reggaenode, oder den Beitrag von Peanut Vendor im Germaican Observer.