„The beast in me“ von Franz Dobler, eine Biografie
über Johnny Cash und die wunderbare und seltsame Welt der Countrymusik.
Es
muss an einem besonderen Tag gewesen sein, als mir dieses Buch in die Finger kam,
denn sofort überkam mich das Gefühl: „Gott prüft mich“. Die Wahrscheinlichkeit,
einen der klassischen Fehlgriffe zu machen, ist in der Bücherabteilung eines
heruntergekommenen Warenhauses in einer unwichtigen süddeutschen Metropole
ziemlich groß. Zumal mir der Autor Franz Dobler so unbekannt war, wie es
ein deutscher Literat nur sein kann. Doch ich bestand die Prüfung und die
Bezahlung dieses schmucken Buches lief so geschmeidig ab, als ob ich mir ein Butterbrot
geschmiert hätte. Und es tat gar nicht weh. Schon die Einführung lies
mich erahnen, dass der Autor Franz Dobler ziemlich viel auf dem Kerbholz hatte,
was mich interessieren könnte. Eine leichte Entzückung durchlief meinen
gequälten Körper, als ich feststellte, dass hier, genau hier, Meilensteine
der Musikgeschichte geschrieben wurden.
Wer den Unterschied zwischen Country und Western nicht wirklich kennt und meint,
dass vielleicht Bands wie Truck Stop oder Freddy Quinn dazugehören, dem rate
ich, erstemal Nachhilfeunterricht zu nehmen, um grundlegende Dinge in Sachen Rock´n´Roll
zu verstehen und dann erst mit dem Buch zu beginnen. Denn es ist zäh, zäh
wie Leder: es zieht sich und man meint, man müsste den Sattel komplett noch
heute aufessen. Aber wenn die letzte Seite gelesen ist, das letzte Stück
gespielt und der einsame Held die Bühne verlässt, dann wird der aufmerksame
Leser sich ertappen, wie langsam der Rücken sich strafft, die Schultern breiter
werden, der Gang sicherer wird und man sich fragt: „Wo ist mein Colt? Ich habe
heute noch einen Auftrag!“. Franz Dobler lässt Gerechtigkeit walten, indem
er das Buch mit Hank Williams und anderen Ganoven beginnen lässt und in der
Liebe zum Detail die Jugend und die Army-Zeit von J.Cash in Deutschland bilanziert
(„The Landsberg Barbarians“!). June Carter („The Ring of Fire“), der Sheriff von
Jericho Hill, die SUN Studios, alle mischen mit und alle sind Wegbegleiter oder
Statisten in einem Leben voller
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Franz
Dobler: sieht auch aus, als hätte er Ahnung.
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Drogen, Alkoholexzessen,
zertrümmerten Hotelzimmern, verpatzen Auftritten, Revolverschüssen in
die Decke und dem ganzen Zirkus. Aber es wird auch mit Gerüchten und Falschmeldungen
aufgeräumt, denn zum Beispiel saß Mister Cash nur ein par Tage im Knast,
wegen Amphetaminen, aber nie in Folsom Prison oder San Quentin selber. Dort war
er immer nur Gast und gab ein par seiner besten Konzerte, die später live
auf Platte erhältlich waren. Die Stimmung springt von diesen förmlich
über, man merkt, dass es in diesen Momenten kurz vor der Revolte gewesen
sein muss und der Angstschweiß der Wärter mit ihren Pumpguns auf den
Laufgängen verfolgt einen noch zwei Kapitel weiter. Wenn Gefängnis,
dann Ende der 60er in Folsom oder San Quentin, da spielte wenigstens J.Cash, yeah!
Dieses Buch
gehört auf den Altar der Wahrhaftigkeit wie die „Hop Up Hod Rod History Nr.1“
oder gewisse geistige Ergüsse von Charles Bukowski. In einer aktuellen Welt
musikalischen Abschaums, Pop-Demenz und geistigen Abfall ist dass das Richtige,
um seinen Halt zu finden und um sich selber zu prüfen :“Wo stehe ich? Auf
welcher Seite bin ich? Kann ich widerstehen? Liebt Gott Rock´n´Roll?“.
Ja, Gott liebt ihn und er verbringt die meiste Zeit in der Hölle und leiht
sich Bücher und Platten bei Satan persönlich aus! So ist es und so wird
es bleiben und wenn die Kids in ein par Jahren mit dem Gleiter ins Hologrammkino
schweben, werde ich mich auf die Terrasse in meinen Schaukelstuhl setzen, meine
Schrotflinte putzen, dieses Buch von Franz Dobler aus dem Regal nehmen, es nochmal
lesen und ich werde dann wissen, dass ich recht hatte.
PS: Es gibt auch
eine passende CD zum Buch: „Johnny Cash Revisted“, auch von Franz Dobler
Soeren
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The
beast in me |
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Franz
Dobler |
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Antje
Kunstmann Verlag |
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ISBN:
3-88897-302-3 |
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272
Seiten, ca. Euro 18,00 |
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.http://www.kunstmann.de/ |