r.i.p. Aljoscha

 

Aljoscha Rompe, Vorquerdenker der Ostberliner Kultpunkband Feeling B, ist tot. Ihren fast einzigartigen Kultstatus als die durchgeknallte Partyband haben sie sich vor allem in östlichen Gefilden erspielt: Radio Fritz aus Potsdam unterbrach sein laufendes Programm für diese Hiobsbotschaft und spielte unmittelbar danach drei Songs, u.a. das legendäre "Mix mir einen Drink!".

Ich persönlich habe mich einfach nur an letztes Wochenende erinnert: einen gelungenen Rausch, dann zuhause auf's Sofa und Absackerbierchen mit Feeling B aus den Boxen. Geil! So sollte ein Suffabend enden! Doch nun wird bei solchen Aktionen vorläufig immer ein Wermutstropfen im Bier schwimmen.

Aljoscha ist im November von Bauarbeitern in seinem Wohnmobil in Berlin- Prenzlauer Berg tot aufgefunden worden. Er ist vermutlich während eines Asthmaanfalles erstickt. (Es handelt sich hierbei allerdings noch nicht um offizielle Informationen, die derzeit nicht zu bekommen sind.)

Aljoscha ist jetzt hoffentlich WOANDERS glücklich

Was hat sich diese Band in die Herzen so vieler (Zonis) gespielt? Warum hassen sie wiederum andere? Nun, ein Teil der Begründung mag sein, daß Feeling B sich und ihre Musik nie wirklich ernst genommen haben. Oder, wenn doch, dann jedenfalls auf ganz eigene Art. Feeling B war Musikguerilla, schon seit Beginn im Jahr 1983. Dillettantismus als oberstes Gebot. Ein Greuel für die Mitglieder des "Komitees für Unterhaltungskunst" der DDR, die Aljoscha als den "Schreier vom Prenzlauer Berg" titulierten. Für ihn selbst allerdings war wohl eher der "Verrat" an der einstigen Idee ein Greuel, den Paul und Flake begingen, als sie mit Rammstein zu (pseudo-?) professionellen und vor allem kommerziellen Ufern aufbrachen.

Das Glück des Besuches eines Feeling B Konzertes war mir nie beschieden. Der Ausfall der Tour zur im März 2000 erschienenen CD "Atlantis" tat ein übriges, so daß Feeling B für mich leider nur Inbegriff angetrunkener Wohnzimmer Riots bleiben wird. Schade besonders deshalb, weil Aljoscha angekündig hatte: "Wir geben keine Konzerte mehr, nur noch Parties" (Junge Welt, 28.03.1998).

Aljoscha bei der Vorbereitung zum Slamern

Feeling B war bis zur Wende keine Underground Band im eigentlichen Sinn: die in der DDR obligatorische "Einstufung" eines jeden Künstlers schafften sie ohne Vitamin B als "Sonderstufe", der höchsten möglichen Bewertung. Wohl vor allem dank ihres damaligen Trommlers Alexander Krienig, der mit seinem Spiel die Komission völlig überzeugte. Das becherte Feeling B einige Vorzüge der staatlich organisierten Kultur. Zudem besaß Aljoscha gute Vorrausstezungen für "Beschaffungskriminaltiät" in Form von Einkaufstouren im Westen: als Sohn eines Mitgliedes des Zentralkomitees der SED und mit einem Schweizer Paß ausgestattet, konnte er reisen. Egal, ob es nur ein Trip nach Kreuzberg oder eine zweijährige Reise als Tramper durch die Welt werden sollte.

Auf die Kacke zu hauen war auch kein wirkliches Problem für ihn: nach dem Versuch, ihn in die sozialistische Produktion in einem Betrieb für Überwachungskameras einzugliedern, kündigte er und wurde als persönlicher Sekretär von seinem Vater angeheuert...

Die erfolgreiche Einstufung brachte Feeling B in den Genuss von drei Monaten Aufnahmezeit im AMIGA Studio- sponsored by DDR. Dort wurden mit bis zu hundert Mann Grill- und Saufgelage gefeiert. Auch sponsored by DDR, was zu empörten (fingierten?) Leserbriefen von "anständigen" Bürgern im DDR Jugendmagazin "Neues Leben" führte. Das Ergebnis gibt es auf der "Hea Hoa"- der ersten von insgesamt vier Feeling B Scheiben, auf der Aljoscha & Co ihr Gefühl für Untergrund verarbeitet haben. Das Ganze wurde später konservierte (Mit-)Grundlage für Kult und Extase meiner Jugend.

"Ja, wir slamern, slamern..."

Guerillo in der DDR und Guerillo in de Nachwendezeit: dem Osten (Berlins) ist Aljoscha nicht untreu geworden. 1990 besetzte er mit anderen das Gebäude Schönhauser Allee 5, auch bekannt als "WYDOCS". Noch vor der Einheit konnten sieses Projekt als "Die 5" legalisieren und einem Klub, einem Studio, einer Bar und dem Piratensender "Radio P" Heimat bieten. In Eigeninitiative wurde das Haus saniert, bis zu 25 ABM Stellen wurden geschaffen. Man wollte sein eigenes Ding machen und schaffte es auch, aller Widerstand half aber nichts gegen Rückübertragungsansprüche. Der Rückübertragungsprozes wurde wie zufällig von einer Prüfung des Finanzamtes begleitet, der Verein ging pleite. Nach dem Verkauf des Hauses wurden die Mieter hinauskomplimentiert, teilweise unter Zuhilfenahme kleinerer Finanzspritzen. Aljoscha wollte aber nicht raus, also gab es härtere Maßnahmen. Zuerst die Bauarbeiter durchs Fenster einmarschieren lassen. Hat er sich nicht sonderlich viel daraus gemacht: Fenster kann man wieder vernageln. Also ging es weiter. Eine Kohlenmonoxidvergiftung hat er überlebt: der Schornstein war verklebt worden. Dem Schlägertrupp konnte Aljoscha dann allerdings nicht mehr widerstehen, er unterschrieb seine Auszugserklärung und das Projekt "WYDOCS/ SCHÖNHAUSER 5" starb.

Das sind nur ein paar wenige Ausschnitte aus einem krassen Leben. Dazu kämen noch ein paar heftige Drogenexzesse, ein paar vielleicht zu intensive Trips nach Goa, etc. pp.

Ich möchte Euch aber lieber die Musik ans Herz legen: Die CD's 1 und 2: "Hea Hoa" und "Wir kriegen Euch alle". Da findet ihr einige meiner alltime favourites drauf. Unter anderem "DDR", "Artig", "Das Lied von der unruhevollen Jugend", "Mix mir einen Drink" und "Slamern". Hört Euch das an! Ist eh' besser als das ganze Gelabere hier zu lesen!!! Huldigt dem Meister: Ruhe in Frieden, Aljoscha. Möge Dir ein guter, ewiger Rausch beschieden sein. "MIX MIR EINEN DRINK, DER MICH WOANDERS HIN BRINGT". Hoffentlich bist Du jetzt WOANDERS glücklich.

joe -unwürdig-