Dr. Woggle & The Radio

Das Rhein- Neckar Delta warf einiges ab in den letzten Jahren. Letzter gelungener Export sind Dr. Woggle, Skasounds mit fetter Reggaekante. Nach einigen größeren Festivals kam jetzt ihre erste Langspielscheibe heßt 'Suitable' und steht jetzt in den Läden. Sänger Niko ist angeblich nicht auf die Schnauze gefallen. Wollen wir sehen.

Dr. Woggle & The Radio, amtlisch.

Onlinezine: Das Lineup auf Eurer HP scheint ja nicht mehr ganz so aktuell zu sein. Wie sieht es denn derzeit tatsächlich aus?
Niko: Da hast du recht. Unsere Homepage ist momentan nicht sehr aktuell. Das liegt daran, dass gerade alles neu gemacht wird. Ist aber aktualisiert. Wir haben nach der Platte einige Änderungen bei den Bläsern gehabt. Neue Posaune und neues Alto-Sax. Am Sax haben wir nun Helen, unsere Tochter Tausendschön und Posaune bläst der Johannes, unser Benjamin. Ansonsten sind die Rhythmus-Crew und die Vocalisten schon immer Woggles. Das sind ja schließlich die Gründungsmitglieder.

Onlinezine: Beschreib mal bitte Euren Stil!
Niko: Den solltest doch du besser beschreiben!

Onlinezine: Jo, ich wollte mal hören, wie Ihr ihn selber seht.
Niko: Ist schwierig bei uns zu sagen wir machen genau den oder den Stil. Weißt du, wir lassen in unserer Musik alles zu was Spaß macht. Dann ist das eben mal ein Reggae, oder ein schöner Rocksteady, oder mal ein Ragga-Beat mit einem schönen Ska-Part dabei. Ich denke das hört man auch auf dem Album. Wir legen uns nicht wirklich fest. Klar, unsere Essenz ist die jamaikanische Musik im allgemeinen, wollen uns aber nicht selbst beschränken, indem wir sagen "Wir machen nur noch Rocksteady". Großen Respekt an alle die den schönen alten Stil pflegen. Für mich sind Bands wie Hepcat, Rude Rich & The Highnotes und natürlich die alten Meister ein Hochgenuss. Nicht dass man mich falsch versteht. Ich zitiere mal einen anderen Mediziner: "We just do everything that we can (and what we like)". Das trifft auch auf uns zu.

Onlinezine: A pro Pos andere Mediziner: Ich habe gehört, bei der Produktion Eurer neuen Scheibe wurde Euch von eben zitiertem Dr. Ring Ding geholfen?
Niko: Nein, nein. Da liegst du falsch. Der Richie hat bei uns nichts gemacht. Das war bei den anderen Weinheimern, bei Ngobo Ngobo. Der Ekki Maas aus Köln hat unser Album gemischt. Der hat auch eben Ring-Ding, Doreen Schaffer, Dr. Calypso usw. produziert. Und das kam auch nicht von Grover, sondern entstand daraus, dass wir bei Lolo (drummer von SkaTrek) in Darmstadt aufgenommen haben und SkaTrek haben eben auch alles vom ekki mischen lassen. Das hat uns gereizt.

Niko will nach Hause.

Onlinezine: Welche Einflüsse habt Ihr?
Niko: Was unsere Vocals betrifft ist Hepcat wohl eine Band die uns sehr beeinflusst hat. Die Slackers schwirren in unseren Hirnen wohl auch oft herum. Ansonsten hat bei uns jeder einzelne seine Einflüsse. Da bei uns das Ausarbeiten eines Songs fast immer die Sache von allen gemeinsam ist, ist das dann auch beeinflusst von vielen Musikern. Das macht das ganze auch sehr interessant.

Onlinezine: Ihr habt leichte Ragga/ Dancehall Einflüsse in Eurer Musik zugelassen. Bis jetzt ist das durchaus angenehm, allerdings haben sich schon viele Bands, bei denen das überhand genommen hat, einen Teil Ihres Publikums verspielt. Wie geht es denn stilistisch bei Euch weiter?
Niko: Es ist schade, wenn sich das Publikum dann abwendet. Aber man soll die Bands doch machen lassen. Wird ja sonst langweilig. Was heißt überhaupt "Zum Glück"??!! Was uns betrifft, sind wir ja schon jetzt auf der "Suitable" ziemlich abwechslungsreich und das wird auch so bleiben. Uns ist wichtig, dass wir uns selbst treu bleiben.

Onlinezine: Nun, das Stammpublikum im Ska ist ja eigentlich recht gleichmäßig geblieben, man hatte eher das Gefühl, daß sich einige Bands im Dancehall/ Ragga Rausch abgewendet hatten. Man verlässt das sinkende Schiff, oder?!
Niko: Erst mal verlässt hier niemand ein sinkendes Schiff. Ich bin da inzwischen etwas allergisch bei diesen Bemerkungen. Ich bin mit der Szene groß geworden, ich finde es fantastisch, dass die Szene um den Ska herum so lebendig ist. Aber soll ich auf der Stelle treten, um das "Stammpublikum" zu befriedigen? Ich finde es super, wenn Menschen unsere Musik gern hören. Mir egal wie das Publikum aussieht. Was ist eigentlich das "Stammpublikum"? Man sollte mal damit aufhören, das schlecht zu reden wenn Bands mal was anderes machen, als das was man eben gewohnt ist. Ich finde es generell gut wenn Bands sich entwickeln und verändern. Klar, mir gefällt das auch nicht immer, aber dann kaufe ich mir eben die platte nicht. Außerdem finde ich nicht, dass das Publikum das alles Scheiße findet. Ich erlebe immer öfter, dass bei Nitern eben dein sogenanntes Stammpublikum eben nicht zum 100sten mal 007 auflegen, sondern auch mal Buju, Seeed oder auch mal nen paar Reggae-Classics. Und ich rede hier von DJ´s, die eben aus diesem Stammpublikum kommen. Genau deswegen fühlen wir uns wohl in der Szene, weil es doch eine große Familie ist. Es ist fast egal wo wir spielen, wir treffen meistens jemand den wir kennen. Ich glaub ich höre mal lieber auf, da könnte ich ne Menge zu sagen. Das würde zu viel werden an dieser Stelle.

eine präzise Choreografie ist der Beginn einer jeden Bühnenkarriere.

Onlinezine: Dafür, das es Euch gerade mal drei Jahre gibt, seid ihr schon ganz schön weit. Wie kommt es, das Ihr einen derart homogenen Eindruck hinterlasst: ist in Weinheim so wenig los, daß Ihr nur noch probt?
Niko: Hahaha! In Weinheim geht's voll ab! Man könnte wirklich denken hier ist nix los im Rhein-Neckar-Delta. "So viele Ska-Bands...,aber was sollten sie sonst tun als Musik machen?!" Hier gibt's ja ne Menge davon: Loaded, Ngobo Ngobo, The Busters, Skaliners, SkaTrek......Das Delta lebt! Mal im Ernst. Ich denke, wenn man sauviel Spaß an Musik hat, dann nimmt man sich Zeit. Wir sind da a bisserl Maniacs. Wir proben nicht nur, wir gehen sogar auch auf Konzerte!! Oder machen Konzerte. Oder organisieren für andere Bands Konzerte. Und nicht nur Skabands. Du siehst, im Delta geht doch was.

Onlinezine: Du machst selber eine Menge im Cafe Central in Weinheim, man hört oft von guten Konzerten dort. Was ist das denn für ein Laden?
Niko: Das Central ist ein Live-Musik Club. Passen 500 Leute rein, Bühne 4x6 m. Genug Daten? (hehe) Entstanden ist das Ding ganz klassisch aus einem Jugendcafe des Stadtjugendring in Weinheim. Ist auch im gleichen Gebäude. Vor 5 Jahren hat man dann dem Michael Wiegand das Konzertprogramm in die Hand gegeben. Das sollte aber ohne Subventionen gehen. Und so läuft das heute immer noch. Und dann hatte eben dieser Booker Michael Wiegand ein gutes Händchen. Wir machen hier ein sehr abwechslungsreiches Programm von Drum´n´Bass über Hip-Hop zu Reggae und Ska, viel Punk und Oi Sachen, viel Hardcore, aber auch elektronische Live Acts, Hamburger Schule. Alles eben was so unterwegs ist. Wir machen zwar inzwischen auch größere Konzerte in größeren Hallen, aber das Central ist unsere heißgeliebte Homebase.

happy beim Riverbank Festival in Mainz 2001

Onlinezine: Es wurde viel geunkt, dass es nach dem Abebben der Third Wave ruhig um den Ska wird. Wie denkst Du?
Niko: Ich muss ja ehrlich sagen, dass ich mit der sogenannten "Third Wave" groß geworden bin. Ja, ja. War eine nette Zeit. Wenn ich aber ehrlich bin, gefällt mir das was uns Konsumenten heute geboten wird besser. Ich denke sowieso, dass es sooo eine große Welle nun auch nicht war. Ska ist seit 15 Jahren auf einem ähnlichen Level, was die Publikumsresonanz betrifft. Die neuen Bands haben sich auch verändert. Deutlich mehr traditionelle Klänge sind da zu hören. Mehr Ska-Punk. Heute habe ich das Gefühl, dass es schon wieder ein bisschen mehr wird. Vor allem das Publikum hat sich, meiner Meinung nach, geändert. Es ist in einigen Regionen eben nicht mehr so, dass die Szene-Leute auf Konzerte der jungen Bands gehen.

Onlinezine: Hat sich die Zahl oder die Qualität der Konzerte in Weinheim geändert?
Niko: Die Zahl der Konzerte ist eigentlich relativ gleich geblieben. Im Durchschnitt sind das so 2-4 Konzerte in der Woche. Was die Qualität betrifft hat sich natürlich was verändert. Wir haben inzwischen die Möglichkeit, das zu buchen was Spaß macht und die Kosten reinkommen. In der Aufbauphase ging das natürlich anders ab. Da waren fast nur lokale Acts am Start. Aber wie man in unserem heutigen Programmen sieht, sind das immer mehr national und international bekannte gute Bands jeder Stilrichtung die bei uns zu Gast sind...und die wollen immer wieder kommen. Absoluter Rekord ist da IGNITE. Die waren inzwischen schon 7 mal bei uns... Sehr wichtig ist uns aber schon die lokale Szene, im speziellen auch junge Newcomer. Wir haben jedes Jahr ein Newcomer-Festival, bei welchen an 6-8 Terminen jungen Bands die Möglichkeit gegeben wird aufzutreten. Das ist nicht so mit großer Bewerbung und so, da wir eher wollen, dass sehr unerfahrene Bands auch mal auf der Bühne stehen können. Da sieht man dann schon mal ein paar Perlen. Fester Bestandteil unseres Programms ist auch die Reihe "Support your local scene!", wo dann immer so 2-3 lokale Bands auf diesem Festival spielen.

Onlinezine: Noch mal zur Band: Wo siehst Du Dr. Woggle in zwei Jahren?
Niko: Das wäre wirklich interessant zu wissen. Wo ich uns gerne sehen würde, ja, das wäre auf einer Bühne. Ich würde uns gerne musizierend auf der Bühne sehen. Und mir sollte das dann auch gefallen. Und wenn dann auch noch Publikum da ist, ist alles ok. Ja, das fände ich gut.

Joe Travolta