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The very best of 2004-2007 Teil 1 2004 |
Liebe Leute,
seit April 2004 schreiben wir in unserem Heimathafen was uns so bewegt, wer mit wem und vor allem warum und schwelgen in Erinnerungen an vergangene bessere Tage. In gut 3 Jahren sind auf diese Weise weit über 100 Kolumnen entstanden, die wir der geneigten Leserschaft auch nicht vorenthalten (Klick auf Heimathafen, nach unten scrollen, Klick auf Archiv) wollen, allerdings haben wir auch ein gewisses Verständnis dafür, dass es nicht jedermanns Sache sein dürfte über 100 Kolumnen zu durchforsten. Deshalb gibt es an dieser Stelle ein Best Of unserer Kolumnen und wir kündigen schon mal ganz unverbindlich weitere 100 an. Viel Spaß beim lesen der alten Kamellen:
17.04.2004
Hai, hai, hai Ihr Landratten,
die Welt ist schlecht geworden ! Wussten wir das nicht alle schon
bzw. gibt es nicht jede Menge unübersehbare Anzeichen dafür ? Im Fernsehen turnen
lauter Endzwanziger-Primaten mit ausgeprägtem Geschlechtstrieb in einer Art
abgesperrter Dauergruppentherapie rum, was täglich in einem Zusammenschnitt
des worst of oder wahlweise sogar ganztägig zu begutachten ist. Völlig talent-
und schmerzfreie Leute (bzw. "Stars") dürfen uns mit eigenwilligen Interpretationen
der musikalischen Ergüsse anderer beglücken, die man früher schon nicht hören
wollte, so aber erst recht nicht. Der 1. FC Köln ist zum 3. Mal innerhalb von
6 Jahren akut vom Abstieg bedroht und das einzige was dem Trainer und dem Management
(in Zusammenarbeit mit dem "Express") dazu einfällt, ist einen gerade mal 18-jährigen
zum Star hochzujubeln. Geschickt weil preiswert für den Verein, nur leider schießt
der kleine Hosenscheißer nur vom gut aussehen auch nicht übermäßig viele Tore.
Auf dem Arbeitsmarkt sieht es so trostlos aus wie eh und je und irgendwie ist
es der Freizeitnation Deutschland auf eine subtil-perverse Art auch egal. Gleichzeitig
kann man in Köln ohne weiteres für eine 70 qm2 Wohnung 1.000 Euro inkl. Nebenkosten
bezahlen. Das klingt so ein wenig wie New-Economy-Blase, nur wartet man wohl
vergebens darauf das sie platzt. Aber was sind des kleinen Mannes Leiden gegen
die der Schönen und Reichen dieser Welt ? So erdreistete sich Frankreichs Präsident
Chirac unlängst beim völlig überflüssigen Staatsbesuch einer alt gewordenen
Jungfrau aus England eben jene mehrfach am Arm (hört, hört !) zu berühren und
wurde wohl völlig zurecht von der Inselaffen-Presse dafür gescholten. Einen
Moment lang denkt man bei solchen Meldungen, dass sie wohl nicht ernst gemeint
sein können, aber es passt irgendwie zu gut ins Bild. Geh lieber in den Puff
und leg ein paar minderjährige Osteuropäerinnen flach. Das, mein Lieber, verzeiht
man Dir eher.
Mit Abscheu eine Buddel Rum ins sich reinschüttend, Savage Alex.
20.07.2004
Okay, hier ist wieder der beste Blues-Tänzer des Abendlandes the meia und nörgelt weiter:
Viel sehe ich ja nicht, wenn man bedenkt, dass ich seit fast
anderthalb Jahren auf einem Stuhl sitze und den Monitor anstarre. Aber manchmal
gucke ich aus dem Fenster….
Die Wohnung gegenüber steht wieder leer, die Bewohner offenbar ausgezogen, zu
erkennen an den fehlenden Vorhängen und dem "zu vermieten"-Schild an den Fenstern.
Eigentlich nicht verkehrt, wenn da nur nicht ein kleiner Fakt wäre. Diese Wohnung
liegt im vierten Stock, es ist also schwer Leser für diese Schilder zu finden.
Zwar wurde hier eine bestehende Verhaltensweise praktiziert, nicht verkehrt,
im richtigen Einsatz eine Arbeitserleichterung, aber wenn man sich weigert vorher
das Gehirn einzuschalten und Umstände zu bedenken gerät diese Handlungsweise
schnell zu einem gespielten Witz. Ich sehe es als wenig aussichtsreich darauf
zu warten, dass ein groß genug gewachsener Mensch, der auch noch auf Wohnungssuche
ist, vorbeikommt und Interesse an dem angebotenen Produkt zeigt, auch glaube
ich, dass ein vorbeifliegender Vogel schnell an der Lese- und Sprachbarriere
scheitern wird, ebenso fehlt mir jegliche Information darüber wer als potenzieller
Mieter akzeptiert wird. Bleibt also nur zu hoffen dass eine Bande riesiger Giraffen
vorbeikommt, oder King Kong, oder oder oder. Aber diese habe ich hier in Mitteleuropa
noch nie gesehen. Erst recht nicht in Troisdorf.
(gekürzt)
The Meia
16.08.2004
Auszüge aus dem Logbuch des Kapitans
Popkomm. Der Schrecken ist endlich vorbei. Diese Veranstaltung
hat wieder eine ganze menge Pappnasen in die Domstadt gezogen. Oder war es doch
Motörhead? Leider hab' ich meine Fotokamera vergessen. Schade! Denn so
viele schräge Frisuren und Kleider, so viele blöde Ordner sieht man
wirklich selten. Allein die Ordner. Je kleiner und jünger der Security-Män,
umso mehr Schweiß, noch dümmere Sonnenbrille und noch grössere
Bomberjacke. Die einzigen, die nach Menschen ausgesehen haben, waren Skins,
Psychs, paar Punks und die Bullen. Halt wie gewohnt.
Als Vorgeschmack auf den Landgang haben wir, das heißt mein bester Erster
und meine Großartigkeit, uns herausgeputzt und am Samstag am späten
Abend für die kleine treue Onlinezine-Gemeinde die Platten gedreht. Nix
Motörhead aber cool! Danke schön!
(gekürzt)
Sechs-Sterne Flottenadmiral Sir Psychodad
22.09.2004
Tach Ihr Weltmeister,
Samstag Abend in der Kölner Südstadt. Als ich mich gerade auf
den Weg machte, in das Nachtleben unserer ach so aufregenden, liberalen Weltoffenheits-Metropole
mit dem beschissenen Dom (Lokalpatriotismus sucks !!) zu starten, und an denen
mit Nichtachtung vorbeiging, die schon einen aufregenden Kino-Abend mit anschließend
lecker essen hinter sich hatten und nun verliebt heimwärts turtelten, wurde
ich Zeuge eines vielleicht unbedeutenden, aber trotzdem eine Anekdote verdienenden
Vorfalls.
Ich kam auf der Bonner Straße am "Pötze Kätt" (only God knows what that fuckin'
means, is aber wohl wat ur-kölsches) vorbei. Dieses liegt auf meinem Weg und
ich sehe immer von draußen amüsiert rein, einfach um mich gut zu fühlen und
zu wissen, dass es noch so was wie sehr einfache Menschen gibt.
In diesem Laden regiert seit 30 Jahren der Frohsinn und dieser hat auch einen
Namen, nämlich "DJ Old Big Hein" ("der Ihre Lieblings-Oldies spielt"), ab und
zu auch mal nur als DJ Hein oder DJ Big Hein im Schaufenster angekündigt. Den
habe ich, trotzdem ich immer dort vorbei muss, noch nie zu Gesicht bekommen,
aber Ihr, liebe Leser, und ich wissen, wie er aussieht: wie soll einer schon
aussehen, der seit 30 Jahren immer in demselben Schuppen "Samstags: Stimmungshits
mit DJ Hein" oder sonstigen Irrsinn auflegt … ?
Nun sollte man meinen, dass einer wie der gerissene alte Hein, der schon mehr
50-jährige Tresenfliegen flach gelegt haben muss, als wir uns vorstellen möchten,
sein beschissenes Standard-Set, anlässlich dessen der Tünnes zum Schäl so manches
sagt und den jüngeren im Laden (so um Mitte 40) langsam die Lampe an, aber schnell
auch wieder aus geht, wohl in- und auswendig kennen dürfte. Wahrscheinlich ist
es auch so, aber just in dem Moment als ich am Pötze Kätt vorbeiging und wieder
mal neugierig, in Erwartung einer Bestätigung für mein nimmer-sattes Ego, reinschaute,
kündigte dieser SO-BIG-HEIN eben sein nächstes Lied lautstark übers Mikro an.
Es handelte sich um Buddy Holly mit dem unvergessenen Hit "Blue Suede Shoes".
Aus den Boxen klang es mehr nach "Peggy Sue"…
Ich war amüsiert und bereit mich den Herausforderungen zu stellen, die die Nacht
noch mit sich bringen sollte.
Savage Alex.
09.12.2004
The old man from dirty Vorstadt tells you today another short story of his fantastic and amazing life. Hier wir gehen…
Letztens war ich beim Zahnarzt. Zwar hatte ich ein bisschen Bammel
davor (wer hat das nicht) aber eigentlich keinen Grund dazu; nach vielen Jahren
endlich einen Arzt meines Vertrauens gefunden und ich war seit dem Koma schon
zweimal dort, also nichts Neues.
Was habe ich in der Vergangenheit auf so einem Stuhl nicht schon alles erlebt:
etliche Bohrungen die von der Länge her an den Versuch das Erdinnere zu erreichen
erinnerten, anderthalb Zentner Werkzeug im Maul, versehentliche Auslösung des
Brechreflexes, so dass ich fast den Schlürfschlauch durchbiss, Zähneziehen ohne
Betäubung und und und. Einmal saß ich sogar geschlagene vier Stunden am Stück
auf dem bizarren Sitzmöbel und kam mir verlassen vor.
Aber diesmal ging es deutlich schneller. Der Arzt glotzte nur kurz in das Esszimmer,
um mir dann zu verstehen zu geben, dass alles in Ordnung sei. Noch nicht einmal
Zahnstein hatte sich gebildet (ist ja wirklich unerhört ! / savage alex)
was seit Mitte der Neunziger immer der Fall war, dabei esse ich doch deutlich
mehr und mein Speiseplan hat sich erweitert.
Ich war froh ohne Ablagerungen zu sein und das eine weitere Behandlung mir erspart
blieb, noch froher war ich auf das Spülen verzichten zu können, denn dies produziert
peinliche Fäden. Also bekam ich den obligatorischen Stempel in mein Bonusheft
und verließ die Praxis wieder. Dabei war die Doppeltür für mich als Rollatorfreak
am schlimmsten. Für Viele nicht das eigentliche Problem bei einem Zahnarztbesuch….
The Meia
17.12.2004
Guten Tag verehrte Durchblicker,
für die heutige Ausgabe der Savage-Alex-Hass-Tiraden braucht Ihr ein wenig Fantasie. Sollte Euch das überfordern: husch husch ins Körbchen…
Sie
trafen sich natürlich nicht zufällig, aber keiner der beiden wollte dies in
dieser Umgebung der gutverdienenden Langweile zugeben. Eine After-Work-Party
ist natürlich kein zwangloses Stelldichein, aber Gott sei Dank sind wir ja alle
spontan und individuell. Zumindest theoretisch.
Nachdem er sie nun schon zum wiederholten Male auf überteuerten Sekt und Wodka
Red Bull eingeladen hatte, sah er sich endlich am Ziel. Die kleine Maus aus
der Corporate Design Abteilung war ziemlich dicht und segnete alles kichernd
ab, was er ihr an noch so grobem Unfug ins Ohr hauchte.
Irgendwie konnte er es aber nicht lassen vor dem Beischlaf wenigstens ein paar
grundlegende Dinge abzuklären. So fragte er sie denn unschuldig wie das sprichwörtliche
Lamm, welche Musik sie denn so gut finden würde. Ihre Antwort kam ebenso unschuldig
wie (natürlich) spontan: "Ach eigentlich höre ich so alles querbeet."
Man darf es getrost als Höhepunkt dieser sonst an Reizen armen Veranstaltung
bezeichnen, wie er sich daraufhin an Ort und Stelle geräuschvoll auf den Parkettboden
erbrach. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, und ehrlich, weiterer Worte hatte
diese unmissverständliche Geste auch nicht bedurft, verließ er anschließend
die Lokalität um sich in der Bahnhofskneipe den Rest zu geben.
Was ist eigentlich los mit solchen, nun sagen wir mal wohlwollend, Menschen
? Seit Ihr es etwa, die als fröhliches Publikum rhythmisch in die Hände klatschen,
wenn bei einer x-beliebigen Unterhaltungsshow des deutschen Fernsehens 4.-klassige
Bands ihren Unrat verbrechen ? Welcher innere Drang ist es eigentlich der diese
Rhythmus-Klatscher steuert ?
Ich war einmal in der erniedrigenden (und jenes höhere Wesen das wir verehren
allein weiß, WIE erniedrigt ich mich gefühlt habe) Situation in solch einer
Massen-Rhythmus-Klatsch-Hysterie gezwungen zu sein mitzutun. Es war wirklich
das Entwürdigendste an das ich mich bewusst erinnern kann. Und Euch macht das
Spaß ?
Ach Ihr macht das also so, weil es dazugehört ? Ist "dazu gehören" eigentlich
wirklich so wichtig ? All diese (zum Glück) unbeantworteten Fragen führen uns
eine alte Binsenweisheit wieder einmal überdeutlich vor Augen: Punkrocker sind
Übermenschen.
Ihr seid alle Individuen. Ihr seid alle ganz verschieden !
Ich nicht !
Savage Alex.