Los Banditos

Trashige, perfekt gespielte Mucke kommt aus dem Ruhrpott? Falsch: in der Thüringer Provinz braut sich seit einigen Jahren etwas zusammen.

in action: django b.b. silbermann

Durch Zufall hat mich jemand auf diese Band aufmerksam gemacht, mit dem Hinweis, es sei Surf. War es aber nicht. Oder besser: nicht nur. Stellt Euch vor, man nimmt eine Prise Polizeiruf 110, dazu surf und trash beats, eingesampelte Fetzen aus bekannten oder nicht bekannten Platten und bringe das ganze auf die Bühne. Klingt erstmal langweilig und experimentell. Ist es aber nicht. Los Banditos bringen schnelle und gute Mucke rüber, die irgendwo zwischen den 60'ern und 70'ern hängengeblieben ist. Sie greifen all diese Sounds auf, über die man gern bei älteren Filmen lacht (oder sentimental wird) und verarbeiten sie zu etwas, was einfach nur Spaß macht und live hochgradig tanzbar ist. Dazu passend heißen die Songs "unbekannter wilder mann", mädchen die noch in die Schule gehen", "mofamann" oder "die neue vom club".

Mit ihren musikalischen "Vorfahren" gehen sie dabei nicht zimperlich, aber dann doch respesktvoll um. An der einen Stelle entdeckt man ansatzweise "Paint It Black" von den Stones, und kurz später erinnern sie mit einem Mal an frühe B52's. Durchgängig gibt es eigentlich nur eines: einen treibenden Beat, zumindest live. Die Konserve ist zwar immer noch sehr gut, kann aber nicht an die Bühnenperformance heranreichen.

mr. 2000 volt

Auf der Bühne haben sie auch einiges zu bieten. Erstmal ist da ein DJ, der live die Samples in die Stücke setzt, was eine

ziemlich geniale Atmosphäre beschert. Dann ist da ein ziemlich flexibler Mensch, erinnert optisch etwas an Inspektor Clouseaut: er spielt die Weltmeister- Orgel (made in GDR), Gitarre und Trompete. Zusammengenommen ein optischer und akustischer Riesenspass. Deswegen habe ich mich mit django b.b. silbermann und mr. 2000 volt unterhelten, dem Bassisten und dem Gitarristen der Combo:

Onlinezine: Was ist die elementare Grundlage für einen Eurer Songs, Was ist der Anfang?

django b.b. silbermann: Also, es gibt zwei Sachen: einr hat eine Idee, eine Melodie zum Beispiel. Der sagt: so und so geht's! Und dann basteln wir an dem Song rum, oder wir sind alle total breit und zugedopt und spielen einfach drauf los und letztlich kommt das dann bei raus.

Onlinezine: Steht da ein Beat am Anfang, ein abgefahrener Orgelsound? Oder nehmt ihr einfach einen Song und sagt Euch: "Der ist so schlecht, da machen wir was draus"?

c. rodriguez flamingo

mr. 2000 volt: Wir haben keinen Plan. Wir latschen irgendwo hin und probieren, wir sind einfach breit und machen das. Oder jeder hat so eine Idee, und wenn es nur ein Schnipsel ist, wir treffen uns im Proberaum oder päffen halt. Wir machen eine Session, merken uns die Parts oder nehmen sie halt auf und dann entsteht da was draus.

Onlinezine: Ihr seid zwar ziemlich breit gefächert, letzendlich läuft es doch aber immer auf einen Spirit eurer Songs hinaus. Wie schafft ihr das bei 5 Leuten in der Band?

django b.b. silbermann: Das ergibt sich einfach. Wir sind 5 Persönlichkeiten in der Band, jeder hat seinen eigenen Kopf und siene eigene Spielweise. Da kannst Du einen Schlager nachspielen, der klingt niemals so wie das Original, der klingt immer, wie die 5 Leute das machen. Wenn Du einen auswechselst von den 5 und es kommt ein neuer dazu, klingt's wieder anders, weil der sein Ding mit reinbringt.

immer stilsicher und geschmackvoll: das Cover zum 96'er Demo "Rebell der Liebe"

Onlinezine: Ich habe mir Eure Banddarstellung durchgelesen. Über Eure Stil steht da unter anderem "Twang!". Was darf ich mir denn darunter vorstellen?

django b.b. silbermann: Das wissen wir eigentlich auch nicht so genau...

Onlinezine: Das hatte ich fast befürchtet.

django b.b. silbermann: Unsere erste Booking Agentur, African Dance, hat das erfunden. Ich denke mal, das ist so ein Zwischending zwischen Garage und komischer Musik, oder was weiß ich, vielleicht Filmmusik.

Onlinezine: Wobei Twang da ja noch wirklich professionell klang, im Gegensatz zu "Blacksploitation".

mr. 2000 volt: Wo hast du denn das gefunden?

Onlinezine: Auch in eurer Banddarstellung.

django b.b. silbermann: Wir spielen öfters mit solchen Begriffen, die keine sind. Also, komischerweise habe ich das noch

nicht gelesen. Aber, abgesehen davon ist es geil, solche Worte zu erfinden, wo sich andere Leute danach Gedanken machen, was das heißen könnte.

superjoe paco louis

Onlinezine: Ich habe gehört, daß ihr etwas zum Soundtrack des Films "Eisbären" beigesteuert habt.

django b.b. silbermann: Die haben ein Lied von unserer ersten CD "Beatclub" genommen, und zwar ist das "Unbekannte wilde Frau". Das ist in der Szene, in der die zwei Typen den Fraßladen überfallen und die ganzen Hamburger klauen. Eine unsere Vorstellung ist, daß wir mal direkt für einen Film Musik machen. Also nicht einer, der schon fertig produziert ist. Außerdem sind wir noch bei 4 anderen Filmen dabei, bei neueren. Einmal: "Fußball ist mein Leben" und dann irgendwie noch ein neuer Film, ein Lowtechfilm. Dann gab's noch "Van Dango" und "Erkan und Stefan".

Nach diesem Interview habe ich noch eine sehr asuführliche Mail von Dirk Ortloff bekommen, der sich als Promoter/ Manager für die Bandinfo verantwortlich fühlt. Er hat mir ausführlich dargelegt, was man nun wirklch unter Twang und Blacksploitation zu verstehen hat:

"Twang = vibrieren, geht zurück auf das legendäre "Bigsby Twang" und ähnliche Vibrationserzeuger für Gitarren, die oft im Countrybereich zum Einsatz kamen und kommen. Bei der BMG gibt's auch einen Sampler "Monkeys on Twang" Gib' mal Twang als Suchbegriff ein, da findest Du 'ne Menge. Blacksploitation-Filme waren sowas wie die schwarze Antwort auf Russ-Meyer & Co. Naheliegend, daß auch in diesen Streifen abgefahrene Sounds zu finden sind. Die Samples in Porno Uschi stammen aus so einem Soundtrack und Pam Grier, die Hauptdarstellerin in Q.T's. "Jacky Brown" war z.B. eine solche Blacksploitation-Queen. (Tarantino, dessen Ausbildung aus einem zwei-tägigen Regie-Seminar und seiner Tätigkeit in einer Videothek besteht, hat sie wieder belebt und sogar salonfähig gemacht.)"

heißt es zum Thema Twang und Blacksploitation. Neuigkeiten aus dem Hause Banditos gibt es aber auch:

"Der neueste (inzwischen fünfte) Kinofilm, zu dessen Soundtrack Los Banditos zwei Titel beisteuern heißt "LEGION". Er wurde von Olaf Ittenbach und der Produktionsfirma X-Vision-Films (München) mit US-Schauspielern in den USA und Deutschland (englischsprachig) realisiert und ist eine darkcomedy, die ein wenig an "From Dusk Til Dawn" erinnert.(Weltpremiere auf dem Internationalen Filmfestival in Stockholm, Nov.2000). Für die Deutschlandpremiere planen wir ein Special Event an dem auch Los Banditos mitwirken werden. Nicht zuletzt wäre auch noch die 7" (vinyl only) auf Sheep Records (Zürich) zu erwähnen, auf der neben "Die Neue vom Club" auch drei unveröffentliche Tracks zu finden sind.(VÖ 01.11.00) Die Recordrelease-Party findet am 29.10.00 im "El Local" in Zürich statt."

Somit haben wir dann auch die letzten Lücken geschlossen und es bleibt eigentlich nur noch eins zu sagen: Wenn die Banditos in Deiner Stadt oder einfach nur in Deiner Nähe sind: hingehen!!! Pflichttermin für treibende, trashige, surfige und einfach nur gute Mucke! Außerdem ersparst Du mir so, in Worte zu fassen, was gar nicht in Worte zu fassen ist!

joe