Atomixx: Stewardess goes Punkrock

Die interessantesten Bands entdeckt man dann doch per Zufall. So erging es Alex (Savage Tunes), als er bei einem Konzert in Aachen über die Atomixx "stolperte". Lauschet seinen Worten:

Normalerweise führen Vorbands bei Konzerten mit drei oder mehr Kapellen ja ein recht unbeachtetes Dasein. Auch ich hatte nur die beiden Hauptattraktionen des Abends (The Gee Strings und die Vageenas) im Sinn und wußte, als ich mich doch bei der ersten Band in den Konzertraum verirrte, folgerichtig noch nicht einmal den Namen der Kapelle. Was sich mir darbot weckte aber schnell mein Interesse. Mein Versuch den Namen herauszufinden scheiterte jedoch an der Unwissenheit der Umstehenden, die eine ebensolche Kulturignoranz an den Tag gelegt hatten wie ich. Allenthalben war man jedoch über die musikalische Güte dessen, was dargeboten wurde, sehr positiv überrascht.

Ein blondes Gift als Sängerin, mit einem Outfit, welches sicher nicht nur mir Schwierigkeiten bereitete, sich auf die Musik zu konzentrieren, bildete den Mittelpunkt der Band. Sie wurde unterstützt von drei männlichen Musikern, denen man es ansah und anhörte, daß sie nicht erst gestern mit dem Musizieren begonnen hatten. Musikalisch ging es in die 77-er Schiene, ohne das man jedoch das Gefühl hatte, die Riffs seien geklaut oder zumindest schon tausend Mal gespielt. Gesanglich hatte das blonde Gift von schmachtendem Stöhnen bis hin zu rotziger Punkrock-Röhre einfach alles drauf. Kurz, es bot sich ein komplettes Bild und ich bedauerte es nach ca.40 Minuten, daß das Set schon zu Ende war und wollte unbedingt mehr wissen.

AtomixxNachdem ich im Gewühl die Sängerin geschnappt hatte, bekam ich endlich heraus, daß es sich um die Atomixx handelte. Nach einigem Labern wurden Adressen getauscht und mir war klar, lieber Leser, daß diese junge aufstrebende Band unbedingt mehr Gehör bzw. Publikum verdient. So ganz unbekannt wie ich gedacht hatte, sind die Atomixx allerdings nicht mehr. So nahmen sie schon am City-Beats Newcomer-Festival teil und gewannen diesen auch direkt mit Ihrem Song „Stewardeß“. Nun kann man sich sicher lange darüber streiten, welchen Sinn und Zweck solche Möchtegern-kommerziellen Newcomer-Festivals haben mögen, zumindest hat es der Band aber eine ganze Menge Publicity beschert. Unter anderem der Düsseldorfer Express, die Jülicher Nachrichten und sogar das Fernsehen sahen sich genötigt Berichte über die Atomixx zu bringen. Und das alles ohne wirklich nennenswerte Auftritte bis dahin ! Meistens handelte es sich hier zwar um ziemlich oberflächlichen Mist, aber aus einem der Artikel war zu entnehmen, daß Sabrina Ceccherini (das ist der Name des blonden Giftes und kommt von ihrem italienischen Vater) noch ein bißchen mehr drauf hat als als Stewardess durch die Welt zu fliegen und nett auszusehen. „Zusammen mit Mat Sargant von Sham 69 arbeitet sie an einem Benefiz-Projekt „Sex, Drugs and HIV“. Es soll drei CDs mit 50 Stücken, unter anderem von The Prodigy, Madness und den Specials geben. Außerdem sind bis zu zwölf Fernsehsendungen zum Thema AIDS geplant.“ Auch im journalistischen und im TV-Bereich ist Sabrina aktiv, so daß ich mich frage, wo die Gute die ganze Zeit dafür hernimmt, denn schließlich ist sie die meiste Zeit an irgendeinem fernen Punkt der Erde und betreut fette Besserverdiener in ihrem Flugzeug.

Musikalisch begann alles als Background-Sängerin der Band Family 5. Bei deren „Fortuna“-Single war sie aus Neugier mit im Studio und wurde dort zum Mitgröhlen im Background animiert. Sie selbst sagt über diese erste Berührung mit Musik: „Ich wurde mit dem Virus infiziert und wollte dieses besondere Lebensgefühl nicht mehr missen. Ich wollte es intensivieren und Teil sein, dieser wundervollen Kreativität.“ Mit ihrer ersten Band hatte sie dann ein paar Proberaum-Sessions und es entstanden schon ein paar der Songs, die jetzt auch auf der ersten Promo-CD (siehe Reviews) sind und die hauptsächlich durch Sabrinas Beruf inspiriert wurden. Leider verlief sich diese Formation jedoch wieder, da berufliche Interessen dem zunächst im Wege standen.

Sabrina wollte jedoch unbedingt weiter machen und so sprach sie einige befreundete Musiker an und man traf sich auf eine Probe-Session. Direkt bei dieser ersten Probe merkten sie, daß sich ein komplettes Bild aus den Teilen des Puzzles ergeben hatte. Was sicherlich auch der Tatsache zu verdanken ist, daß die drei männlichen Mitstreiter Marco Boedecker (Schlagzeug), Chris Heck (Baß) und Frank Krückel (Gitarre) bereits langjährige Bühnen-und Studioerfahrung aufzuweisen hatten. Frühere Bands waren unter anderem D.Sailors, Blue Beat und Lord Louis and the enemies of men. Darüber hinaus hatten Sie alle ähnliche musikalische Vorbilder, z.B. die Buzzcocks, Sex Pistols, The Clash, Dickies und eben in erster Linie alle 77-er und 78-er Punkrock-Sachen. Sabrina dazu: „Wir sind alle mit Punk-Musik groß geworden. Meine erste Sex Pistols – Single erstand ich mit dreizehn Jahren. Mam und Dad waren am Anfang sehr genervt, aber mittlerweile genieße ich vollste Unterstützung von beiden. Ich bin niemals auf die Idee gekommen, daß ich singen bzw.schreien könnte, das fanden die Jungs von Family 5 heraus. Und nun schreie ich um so lauter.“ Sie selbst beschreiben ihren Musikstil als Pop-Punk, welcher sich aus den Elementen Energie, Kraft, Aggressivität = Punk und Melodie, Mode, Glamour = Pop zusammensetzt.

Für meinen Begriff ist der Anteil des Pop in der Mischung ziemlich kurz gekommen, aber das ist eigentlich auch gut so. Über ihren ersten großen Auftritt nach dem Gewinnen des City-Beats Newcomer-Festivals im Haus der Jugend in Düsseldorf sagt Sabrina: „Ich war recht nervös, denn nach unserem Siegertitel vom City-Beats Newcomer-Festival waren viele Leute gespannt. Diese Erwartungshaltung der Leute. Wow ! Angstprogramm !! Doch dieser Auftritt war der absolute Erfolg. Wir mußten viele Zugaben spielen – die Leute hatten Spaß . wir hatten Spaß und ein Plattenvertrag wurde uns auch angeboten. Den haben wir natürlich überglücklich angenommen.“ Auf welchem Label die CD erscheinen wird, wollte sie jedoch leider noch nicht verraten. Fest steht nur, daß als Veröffentlichungstermin September 2000 angepeilt ist und daß es dann ebenfalls einen Videoclip von den Atomixx geben wird. Auf jeden Fall sollte man sich diese Band bei der nächsten Gelegenheit live geben, es lohnt sich wirklich. Und das nicht nur wegen der gewagten Outfits von Sabrina.

Alex